Es war einer der letzten Geländetage dieser Saison. Le Lion d’Angers hatte einige Jahre Ende Oktober mit viel Regen zu kämpfen, in diesem Jahr strahlte die Sonne zu einem herrlichen Herbsttag.
Um 10 Uhr galoppierte heute morgen das erste Pferd aus der Startbox, es war der Auftakt der Weltmeisterschaften der 6-jährigen Vielseitigkeitspferde. Der Kurs bestand aus 22 Hinderniskomplexen, mit 8:44 Minuten Bestzeit verlangte der CCI2*-L Kurs den jungen Pferden schon einiges ab. Wie man es aus Lion d’Angers kennt, wurden keine Mühen gescheut, um jedes Hindernis einfallsreich und unheimlich aufwendig zu gestalten. Die Optik ist zuweilen doch untypisch für Geländehindernisse und verlangt auch an dieser Stelle gerade den noch relativ unerfahrenen Pferden viel Vertrauen und Mut ab.
Schon früh startete auch das erste deutsche Paar- Julia Krajewski hatte ihren ChinTonic gesattelt, mit dem sie von Platz 4 aus in die zweite Teilprüfung ging. Mit -27,9 starteten sie- und mit -27,9 werden sie auch in den morgigen Tag gehen. Eine Geländerunde, die das Vertrauen dieses Paares schon zeigte, am halblangen Zügel sprang ChinTonic auch auf groß nach dem Wasser über die schmale Hecke. Seine großzügige Galoppade erinnert an seinen großen Bruder Chipmunk. Er zeigte sich immer sicher am Sprung, stets konzentriert auf seine Reiterin. Da hat Julia wohl erneut ein Pferd im Stall stehen, von dem wir noch öfters etwas hören werden. Morgen werden sie als Viertplatzierte im Springen um die Medaillen mitreiten.
Eine Reiterin, von der wir wohl noch häufiger berichten können, ist die 20-jährige Anna Lena Schaaf. In den vergangenen Jahren mischte sie im Junioren- und Junge Reiter-Lager kräftig mit und gewann schon einige Championatsmedaillen, so auch in diesem Jahr. In Le Lion d’Angers startet sie zum ersten Mal, sie hat die Oldenburger Sportpferde-Stute Lagona qualifiziert und konnte mit ihr in der Dressur die Führung der 45 Paare übernehmen. Doch was das Paar heute ablieferte, übertraf wohl alle Erwartungen. Ohne auch nur den Hauch einer Unsicherheit galoppierten sie von Anfang bis Ende Strich über den Kurs, so souverän und harmonisch. Das war kaum zu übertreffen- sie schafften es, ihre Führung mit einer “clear round in time” ins Ziel zu bringen. Mit 8:22 Minuten konnten sie eine der schnellsten Runden reiten, ohne dass man das Gefühl hatte, dass es zu schnell oder gar gefährlich wird.
An der Spitze tat sich insgesamt nicht viel, von den besten 9 nach der Dressur brachten 8 ihr Dressurergebnis heute ins Ziel. 3 Paare schieden aus, davon rutschten zwei Pferde in einer Rechtskurve nach einem längeren Bergab-Stück weg und fielen auf der Strecke hin. Die ersten 7 Plätze trennt morgen nicht einmal ein Abwurf im Springen, es wird spannend.
Julia Krajewski brachte auch ihren Schimmel Great Twist d’Ive an den Start, der sich gestern in der Dressurprüfung doch sehr ablenken ließ und dadurch nicht an die vorangegangenen Dressurleistungen anknüpfen konnte. Doch heute zeigte er seine ganze Klasse, ob am Sprung oder auf den Galoppstrecken, der Schimmelwallach überzeugte. In 8:36 Minuten verbesserte er sich um 9 Plätze im Klassement, morgen wird das Paar als derzeit 21. sicher noch versuchen, ein paar Plätze weiter nach oben zu klettern.
Der Auftakt bei den 7-jährigen Pferden war aus deutscher Sicht sehr vielversprechend. Die bis dato best rangierten Josephine Schnaufer-Völkel und ihr Cinnamon Red galoppierten als erstes deutsches Paar auf die Strecke. Man konnte schon erkennen, dass den Pferden doch einige technische Aufgaben abverlangt wurden. Bei einer Bestzeit von 9:04 Minuten kamen die 7-jährigen Pferde gut ans Galoppieren, aber die CCI3*-L Prüfung hatte es auch in sich.
5 Paare schieden aus, 3 gaben aus, die weiteren 50 Paare kamen ins Ziel.
So auch Josephine und Cinnamon Red, die eine “clear round in time” über die Ziellinie brachten. Hochkonzentriert mit dem eisernen Willen, mit weißer Weste nach Hause zu kommen, galoppierte der Fuchs-Wallach mit seiner Reiterin über die Strecke, bei 8:57 Minuten stoppte die Uhr. Letztendlich konnten sie sich damit um einen Platz verbessern und starten morgen als derzeit 6. in das abschließende Springen.
Felix Etzel und Promising Pete TSF begannen mit einer guten Runde, doch an Hindernis 15 gab der Reiter auf und setzte den Ritt nicht fort.
Italia begann unter Liv Elin Gunzenhäuser im zügigen Galopp, doch an Hindernis 11 war die Reise zu Ende. Den überbauten Graben wollte die Stute nicht überwinden, sodass sie ausscheiden mussten.
Und auch Anna Siemer und Lillybelle EA hatten das Glück nicht auf ihrer Seite. Nachdem sie sehr sicher und in gutem Tempo anfingen, blieben sie doch nicht fehlerfrei. Nach einem kurzen Wackler am Wasser kamen sie nicht mehr auf die Ideallinie zum Aussprung an Hindernis 13c und mussten dieses erneut anreiten. Durch die 20 Minuspunkte rutschten sie auf Platz 40 ab.
Caro Hoffrichter und ihren selbstgezogenen Just Jaques ereilte es gleich zwei Mal. Nachdem sie das c-Element an Hindernis 7 erneut anreiten mussten, trafen sie an 19b, einem schmalen Element nach einem imposanten Tiefsprung nicht die Ideallinie und mussten auch hier einen zweiten Versuch hinnehmen. Sie starten morgen von Platz 50 in das abschließende Springen.
Auffällig bei den 7-jährigen Pferden: Die enorm breit aufgestellten Briten, die in den top ten sage und schreibe 8 Paare stellen. Der Australier Kevin McNab trainiert und lebt zudem in Großbritannien. Übrigens- von den top ten Pferden stammen vier aus deutschen Zuchtgebieten.