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Spannende Frage: Wer fährt für Deutschland zur EM nach Avenches?

Nach den Olympischen Spielen ist vor den Europameisterschaften. So ist es zumindest in diesem Jahr, denn durch die Verschiebung der Olympischen Spiele gibt es in diesem Jahr zwei Championate: Vom 23. bis 26. September werden zudem in Avenches (SUI) die Europameisterschaften ausgetragen. In dieser Woche werden die sechs nominierten Paare bekannt gegeben, vier davon starten im Team. Der Modus sieht ein Streichergebnis für die Mannschaft vor. Die letzte Sichtung in Arville (BEL) brachte teils überraschende Ergebnisse. Es wird noch einmal spannend, welche sechs Paare für Deutschland in der Schweiz starten werden.

In Tokio sind die drei Paare Julia Krajewski mit Amande de B’Neville, Michael Jung mit fischerChipmunk FRH und Sandra Auffarth mit Viamant du Matz gestartet. Andreas Dibowski und FRH Corrida flogen als Reservisten mit, kamen aber nicht zum Einsatz. Der Ausgang ist bekannt, das Team belegte Platz 4, Julia Krajewski gewann Einzelgold mit ihrer Amande de B’Neville. Vor drei Wochen wurde die Longlist für das nächste Championat in diesem Jahr aufgestellt- die Europameisterschaften in Avenches. Im Folgenden möchten wir die Vorleistungen dieser Paare zusammenstellen.

Bundestrainer Hans Melzer sagte bereits im Vorfeld der Olympischen Spiele, dass Reservist Andreas Dibowski mit FRH Corrida in Avenches starten wird, sollte er in Tokio nicht eingesetzt werden. Für die anderen Pferde, die in Tokio gestartet sind, ist der Zeitraum der Regeneration zu gering, um einen weiteren Championatsstart in diesem Jahr zu planen.

Zum ersten Block für die EM gehören neben Andreas Dibowski und FRH Corrida die weiteren Olympia-Reservisten Christoph Wahler mit Carjatan S und Anna Siemer mit FRH Butts Avondale. Zudem wurde in dieser Gruppe Michael Jung mit seinem zweiten Pferd fischerWild Wave nominiert.

Im zweiten Block wurden nominiert: Ingrid Klimke mit SAP Hale Bob OLD, Sophie Leube mit J’Adore Moi, Andreas Ostholt mit Corvette und Dirk Schrade mit Casino.

Emma Brüssau mit Dark Desire GS und Josephine Schnaufer mit Singapure wurden für den dritten Block aufgestellt.

Alle Paare sollten am vergangenen Wochenende in Arville zu einer Formüberprüfung und Sichtung an den Start gehen. Das CHIO Aachen kommt dieses Jahr durch die zeitliche Planung nicht mehr als Sichtung in Frage- dort findet die Geländeprüfung am 18. September statt, genau eine Woche vor den Europameisterschaften. Sicherlich ist ein Start beim CHIO zumindest ein Trostpflaster für diejenigen, die nicht für die EM nominiert werden.

Es wird noch einmal richtig spannend! Nachdem das Team aus Tokio ohne Mannschafts-Medaille heimkehrte, wird der Fokus von Hans Melzer wohl darauf liegen, seine Karriere als Bundestrainer noch einmal mit der Titelverteidigung der Mannschafts-Goldmedaille von Luhmühlen 2019 zu beenden.

Nun also zu den Vorleistungen dieser nominierten Paare:

Andreas Dibowski gehörte seit 1997 regelmäßig den deutschen Championatsteams an und konnte 2008 Mannschafts-Olympiasieger in Hongkong sowie insgesamt drei Mal Mannschafts-Europameister werden. In diesem Jahr brachte er mit seiner 12-jährigen Hannoveraner-Stute FRH Corrida drei top 10 Platzierungen ins Ziel- Zweiter in Strzegom CCI4*-S, Fünfter in Baborowko CCI4*-S und Siebter in Luhmühlen. In der letzten Formüberprüfung konnten sie in der Dressur überzeugen und übernahmen die Führung. Anders als die anderen Longlist-Paare starteten sie nicht im belgischen Arville, sondern im polnischen Strzegom. Ein Vorbeiläufer im Gelände verhinderte den Sieg, im Springen blieb das Paar erneut fehlerfrei.

Christoph Wahler und Carjatan S wurden in Marbach zum Saisonauftakt Zehnte. Er präsentierte sich und seinen 12-jährigen Schimmel Carjatan S in Luhmühlen in Bestform. In der Dressur blieb das Paar etwas hinter seinen Möglichkeiten zurück (-32,1), doch zwei Nullrunden im Gelände und Springen bescherten ihnen Platz 2 beim 5* Debüt. Bisher konnte das Paar einmal bei einem Championat im Seniorenlager starten, bei der Heim EM in Luhmühlen wurden sie mit einem Abwurf im Springen als 20. platziert. Bei der letzten Formüberprüfung in Arville lief es jedoch nicht so nach Plan- nach Platz 6 in der Dressur (-28,7) schied er im Gelände durch einen Sturz als Mannschaftsreiter im Nationenpreis aus.

Anna Siemer wurde im letzten Jahr mit ihrer Hannoveraner Stute FRH Butts Avondale Vierte der Deutschen Meisterschaften. Dieses Jahr stellte sie ihr Können in der CCI5*-L Prüfung in Kentucky (USA) unter Beweis, in die sie -bedingt durch die Corona-Pandemie- letztlich ohne eine Vorbereitungs-Vielseitigkeitsprüfung in diese Saison startete. Sie präsentierte die 14-jährige FRH Butts Avondale mit einer ihrer besten Dressurleistungen (-28,1), kam 37 Sekunden über der Bestzeit ohne Hindernisfehler ins Ziel und kam mit zwei Abwürfen insgesamt 3 Sekunden über der Bestzeit aus dem Springparcours- Platz 30 beim 5* Debüt. Die gute Form bestätigten sie noch einmal in der 4* Prüfung in Luhmühlen mit Platz 12. Auch Anna und Avondale waren bei der Heim EM in Luhmühlen am Start und konnten als Einzelreiter 13. mit ihrem Dressurergebnis werden. Bei der letzten Formüberprüfung in Arville überzeugten sie vor allem durch einen guten und schnellen Geländeritt- drei Sekunden über der Bestzeit beenden sie als Siebte die CCI4*-S Prüfung. Damit sind sie neben Andreas Ostholt und Corvette das einzige Paar der Longlist, die in den vergangenen zwei Jahren mit „weißer Weste“ aus dem Gelände kamen. (Ingrid Klimke und SAP Hale Bob OLD hatten lediglich einen Fauxpas mit einem gebrochenen MIM-System bei den Deutschen Meisterschaften in Luhmühlen.)

Ingrid Klimke hat mit SAP Hale Bob OLD das mit Abstand erfahrenste Pferd unter dem Sattel. Der 17-jährige verhalf ihr zwei Mal zum Einzel-Europameister-Titel in den Jahren 2017 (Strzegom) und 2019 (Luhmühlen). 2018 verpassten sie durch einen Abwurf im Springen am letzten Sprung die Einzel-Goldmedaille, gewannen aber Bronze in Thryon bei den Weltreiterspielen. In diesem Jahr startete das Paar bisher in drei Prüfungen. Durch Ingrids Sturz mit Cascamara konnte sie ihn in Baborowko nach dem Gelände in Führung liegend nicht mehr zum Springen vorstellen. In beiden Prüfungen zum Jahresauftakt wussten sie in Dressur und Gelände zu überzeugen- im Springen fiel in Radolfzell eine Stange, in Marbach fielen zwei zu Boden. Nach ihrer verletzungsbedingten Pause konnte Ingrid rechtzeitig wieder im Sattel sitzen, um nun die letzte Sichtungsprüfung in Arville zu reiten. Unangefochten feierte sie hier mit „Bobby“ einen Start-Ziel-Sieg- die Europameisterin von 2017 und 2019 ist zurück und wird wohl ohne Zweifel zum deutschen Aufgebot in Avenches gehören.

Michael Jung und fischerWildWave begannen die Saison in Radolfzell mit Platz 2 im CCI3*-S. Im Marbacher Gelände hatte Michael einen Sprung vergessen, sodass die Ergebnislisten ein „ausgeschieden“ in der CCI4*-S dokumentieren. Nach Platz 2 im CCI4*-S in Baborowko gaben sie in Luhmühlen mit fischerWild Wave dessen 5* Debüt mit Platz 5 im Endergebnis. Allerdings löste hier ein MIM-System aus, was dem Paar den Sieg kostete. Bei der letzten Formüberprüfung in Arville kam Michael in einer ähnlichen Situation aus dem Sattel, dadurch schieden sie aus.

Sophie Leube und J’Adore Moi hatten bis zu diesem Wochenende eine lupenreine Bilanz im Gelände- den letzten Stop hatten sie Ende 2019. Systematisch hatte sich das Paar von ersten CCI2*-S Platzierungen bis hin zur 4* Klasse hochgearbeitet. Die ehemalige Auszubildende von Ingrid Klimke wurde im vergangenen Jahr Fünfte der Deutschen Meisterschaften in Luhmühlen und wurde dieses Jahr 10. im CCI4*-S in Luhmühlen. Nach Platz 14 in der CCI4*-S Prüfung in Baborowko brachte ihr das den Longlist-Platz für die Olympischen Spiele und einen Platz im Nationenpreis-Team in Arville ein. Doch für die letzte Formüberprüfung in Arville hatte sich Sophie sicher andere Ziele vorgenommen. J’Adore Moi zog zwei Mal an einer Ecke vorbei, Sophie wählte letztendlich die Alternative und ritt mit zwei Verweigerungen ins Ziel.

Andreas Ostholt meldete sich in diesem Jahr mit Corvette auf Platz 5 der Deutschen Meisterschaften in Luhmühlen zurück. Nach einer längeren Verletzungspause durch seine Knieverletzung konnte er mit der 13-jährigen Stute bereits in Marbach nach Zeitfehlern im Gelände 21. werden. In Baborowko konnte Andreas die Stute nach einer tollen und schnellen Geländerunde nicht mehr zum Springen vorstellen, sie bekam das „accepted“ in der zweiten Verfassungprüfung nicht. Die gute Form aus Luhmühlen konnte das Paar am Wochenende in Arville erneut zu einem top Ergebnis ummünzen- Platz 4 nach einem fehlerfreien Springen und dem sechstbesten Geländeritt der 82 Paare.

Dirk Schrade hat mit dem nun 11-jährigen Casino erneut ein Pferd von Peter Thomsen (wie zuvor schon King Artus) übernommen, mit dem er seine Ambitionen, nochmals bei einem Championat starten zu wollen am Wochenende in Arville deutlich unterstrichen hat. Mit Platz 6 in Marbach beim CCI4*-S und Platz 6 bei der formellen Qualifikation in Baborowko (CCI4*-L) wurden sie in das deutsche Nationenpreis-Team in Arville berufen. Dort trugen sie maßgeblich als bestes Paar der Mannschaft mit Platz 2 zu Team-Bronze bei. Nach der drittbesten Dressur blieben sie im Springen und Gelände fehlerfrei- das schaffte neben ihnen nur die Siegerin Ingrid Klimke mit SAP Hale Bob OLD.

Emma Brüssau ist mit Dark Desire GS sicherlich eines der vielversprechenden Nachwuchsteams im deutschen Lager. Sie konnten schon bei Nachwuchs-Europameisterschaften der Jungen Reiter einen vollständigen Medaillensatz gewinnen, gekrönt vom Einzel-Titel 2019. Inzwischen ist dem Paar auch der Sprung in den 4* Bereich gelungen. Bereits im letzten Jahr konnten sie sich das Qualifikationsergebnis mit Platz 5 in der CCI4*-L in Strzegom sichern. Nach einem unglücklichen Verlauf des Springparcours zog Emma ihre Stute in Marbach vorm Gelände zurück und konnte nur wenige Wochen später die CCI4*-S Prüfung in Renswoude gewinnen. Die CCI4*-S der Deutschen Meisterschaften in Luhmühlen beendeten sie an 32. Stelle, drei Abwürfe im Parcours verhinderten ein besseres Resultat. In Arville konnten sie am Wochenende aber erneut auf sich aufmerksam machen. Ein Abwurf und wenige Zeitfehler im Gelände bescherten ihnen Platz 10 in der letzten Sichtungsprüfung.

Josephine Schnaufer-Völkel und Singapure wurden Fünfte in der langen CCI4* in Baborowko und sicherten sich damit die formelle Qualifikation für die Europameisterschaften. Am Wochenende zeigten sie in Arville eine der wenigen Nullrunde im Springparcours, mussten aber im Gelände eine Verweigerung hinnehmen, was sie im Endergebnis auf Platz 40 brachte.

 

Nun wird es spannend- wer darf mit zu den Europameisterschaften?

Tippt doch einfach mal mit- wer sind die vier Teamreiter und wer wird als Einzelreiter in Avenches starten dürfen?

Mannschaftsgold EM 2019 in Luhmühlen / Bild: Lutz Kaiser

Stutfohlen von Forlee

Arville (BEL): Ingrid Klimke (CCI4*-S) und Konstantin Harting (CCI2*-S) fahren als Sieger heim