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Martin Plewa erklärt seinen Rückzug aus dem Ausbildungssystem der FEI

Martin Plewa ist aus der Vielseitigkeit nicht wegzudenken. Nachdem er selber erfolgreich bis zu Weltmeisterschafen ritt, fungierte der Pferdewirtschaftsmeister von 1985 bis 2001 als Bundestrainer der Vielseitigkeit. Als technischer Deligierter und als Richter war er nicht nur bei 5* Prüfungen wie Luhmühlen und Badminton im Amt, sondern auch bei Championaten der Vielseitigkeit.

In einem Artikel des Magazins der Deutschen Richtervereinigung äußert er seinen Unmut über die Veränderungen im Bereich der FEI Offiziellen und gibt aufgrunddessen den Rücktritt von seinen Ämtern bekannt. Danke an Martin Plewa für die Freigabe der offenen Worte!

 

Wir alle wissen, dass es nicht leicht ist, geeignete und kompetente Persönlichkeiten für ehrenamtliche Aufgaben als Turnierfachleute zu gewinnen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Bereitschaft geht, den mühsamen Weg in Richtung FEI-Offizieller zu beschreiten.

Zunächst müssen alle nationalen Vorgaben gemäß APO erfüllt sein, dann die Befürwortung durch FN und DRV (in der Regel kein allzu großes Hindernis) und anschließend dann die Ochsentour über einen Level 1-Kurs, weiter über Assessments in Level 2-Kursen und auf Veranstaltungen, um schließlich eine internationale Qualifikation zu erhalten. Die Tatsache, dass es sehr mühsam geworden ist, international als FEI-Offizieller in den Sport einzusteigen, ist exakt konträr zu der reglementierten Forderung der FEI, schon in den unteren Klassen immer mehr FEI-Offizielle zum Einsatz kommen zu lassen.

Die FEI hat in den vergangenen Jahren die Anforderungen an die Präsenz der von ihr geprüften und akzeptierten Turnierfachleute auch in den unteren Klassen mehrfach erhöht, ohne dass die nationalen Föderationen Zeit genug hatten, geeignete und interessierte Kandidaten zu rekrutieren und sie entsprechend auszubilden. Viele erfahrene und wertvolle Turnierfachleute aus Deutschland haben resigniert und gehen nicht mehr in die internationale Laufbahn, weil der Einstieg und der Verbleib auf den Listen immer abstoßender und unattraktiver werden.

Neuerdings müssen alle Level-3-Offiziellen, die ja bereits längere Zeit tätig sind, einen online-Test zu ihren englischen Sprachkenntnissen absolvieren. Dies wirkt auf Fachleute, deren Muttersprache nicht englisch ist, zunächst eher abschreckend (obwohl man in diesem Test nicht durchfallen kann, höchstens den Hinweis bekommt, sein Englisch zu verbessern). Die Aufgabe, die Kommunikationsfähigkeit in Englisch zu überprüfen, oblag bislang den Level 1-Kursen, die die Fei aber oberflächlich betreut und so viele Ausnahmen zulässt, weshalb sie weltweit leider kaum noch stattfinden. Zudem haben Level-3-Offizielle ja auch in der Regel schon mehrere Level-2-Kurse absolviert, die alle in englischer Sprache abgehalten werden und man so auch die Fähigkeit beurteilen kann, in Englisch zu kommunizieren. Die FEI untergräbt mit dem online-Test einerseits ihr eigenes Ausbildungskonzept, welches die Teilnahme an einem Level 1-Kurs eigentlich verbindlich vorschreibt andererseits schreckt sie möglicherweise sehr geeignete und kompetente Kandidaten ab, deren Muttersprache nicht Englisch ist.

Ohnehin sind in der Vielseitigkeit schon heute Offizielle aus Großbritannien, Irland , USA, Australien und Neuseeland weit überrepräsentiert, obwohl deren nationaler Sport nach ganz anderen Regeln abläuft, als die FEI dies vorsieht. In Zukunft, da bin ich mir sicher, werden sich noch weniger Offizielle aus nicht englischsprechenden Ländern bereitfinden, sich für FEI-Veranstaltungen weiter ausbilden zu lassen. Das wäre ein Drama auch für die deutsche Vielseitigkeitsszene, die zunehmend internationaler wird.

Hinzu kommt, dass nun sogenannte Kompetenztests (online) bestanden werden müssen, ohne die man im laufenden Jahr nicht mehr als Offizieller tätig sein darf. Diese Verpflichtung ist im Zusammenhang mit der Aufhebung der Altersgrenze (bisher 70 Jahre) eingeführt worden, gilt nun aber auch für jüngere Offizielle mit der geradezu unglaublichen Begründung, dass auch etliche amtierende Offizielle nicht kompetent genug sein, um weiter tätig zu sein.

Dies ist ein Eingeständnis an ein unzureichendes Ausbildungssystem. Statt erwachsene Personen, die bislang erfolgreich ihre Prüfungen und Beurteilungen bestanden haben, wie Schulkinder erneut online abzuprüfen, um eine Handhabung für ihre Demission zu bekommen, sollte stattdessen an eine Optimierung der Ausbildung gedacht werden. Gute und fachkundige Offizielle bekommt man nicht durch vermehrtes „Abprüfen“ im Sinne von Selektion, sondern durch praxisorientierte Aus- und Fortbildung!

Im Übrigen finde ich die Art und Weise, wie hier erwachsene Personen behandelt werden, die sich für ein kostenintensives, aufwändiges Ehrenamt zur Verfügung stellen, außerordentlich unwürdig und wird den Anforderungen an Erwachsenenbildung in keiner Weise gerecht!

Und wer ist eigentlich bei der FEI so kompetent, dass er sich berufen fühlt, die Testfragen zu stellen und die Ergebnisse zu beurteilen? Ich hatte die Ehre, seit weit mehr als zwanzig Jahren FEI-Kurse als sog. Course Director zu leiten bzw. mitzugestalten. Als erstes habe ich dafür gesorgt, dass in diesen Kursen schriftliche Prüfungen und Tests abgeschafft wurden. Seitdem standen praxisbezogene Übungen, Diskussionen und ein intensiver Erfahrungsaustausch zumindest in den von mir geleiteten Kursen stets im Vordergrund. Mit dem Einführen der online-Tests habe ich mich aus dem Ausbildungssystem der FEI zurückgezogen und werde auch als FEI Parcourschef, Technischer Deligierter und Richter ab Ende nächsten Jahres nicht mehr zur Verfügung stehen. In meinem Alter möchte ich nicht mehr behandelt werden wie ein Schulbub, auch nicht von der FEI.(Anm.d.Red. Der Rücktritt von den FEI Ämtern sollte zunächst Ende diesen Jahres vollzogen werden, auf Wunsch einiger internationaler Veranstalter begleitet Martin Plewa aber nächstes Jahr noch einige Turniere in offizieller Position.)

Martin Plewa

Martin Plewa
Luhmühlen 2017 /
Bild: Kerstin Hoffmann www.eventing-art.com

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