,,Mit Vollblut in die Zukunft“ lautete das Motto der Veranstaltung Eventing meets Racing auf der Rennbahn in Düsseldorf. Der Einladung waren zahlreiche Kaderreiter, Zuchtleiter verschiedenster Zuchtverbände, Züchter und Pressevertreter gefolgt. Im Rahmen des am 14. April stattfindenden Kirschblüten-Renntages fand ein angeregter Austausch der beiden Lager der Vielseitigkeit und des Rennsports statt. Im Fokus stand dabei die Ausrichtung der heutigen und zukünftigen Vollblut- und Warmblutzucht und die Nutzung möglicher Synergieeffekte.
Nachdem im Winter Mitglieder der Perspektivgruppe Vielseitigkeit in den Rennstall von Andreas Wöhler zum Proberitt auf rennbahnerprobten Vollblütern eingeladen wurden, folgte nun in Düsseldorf die logische Konsequenz, nämlich der Besuch eines Renntages beim ältesten Sportverein der Stadt Düsseldorf, dem Düsseldorfer Reiter- und Rennverein. Aus der Vielseitigkeitsszene dabei waren vor allem Züchter und Kaderreiter, von denen die meisten sogar erst in der vorangegangenen Nacht mit zahlreichen Schleifen im Gepäck vom internationalen Turnier aus Oudkarspel (NED) zurückgekehrt waren (Julia Krajewski, Jérôme Robiné, Calvin Böckmann, Brandon Schäfer-Gehrau, Libussa Lübbeke, Johanna Zantop, Lena & Paula Reinstorf, Linn Zepke).
Geführt wurde durch den abwechslungsreichen Tag von Ferdinand Leve und Beate Träm bei dem es neben einer Gesprächsrunde der Zuchtleiter auch eine Rennbahnführung und eine praktische Vorführung eines blutgeprägten Nachwuchsvielseitigkeitspferdes auf der Rennbahn gab. Beim Talk der Zuchtverbände waren sich alle Beteiligten einig, dass der Vollbluteinsatz in der Zucht in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen sei, und dass eigentlich eine hohe Notwendigkeit eines gewissen Vollblutanteils auch in der Warmblutzucht bestehe. Gerade in der Trakehnerzucht gehen fast alle Hengstlinien auf Vollblüter zurück, sodass man bei heutigem Zuchteinsatz von Vollblütern in der Warmblutzucht weniger von ,,einkreuzen“ als mehr von ,,boostern“ sprechen müsse. Insbesondere Eigenschaften wie die Belastbarkeit, Stehvermögen und Leistungsbereitschaft von Vollblütern können sich auf die Ergebnisse der Warmblutzucht positiv auswirken. Allerdings geben die Zuchtleiter der Warmblutverbände zu bedenken, dass sich die Anforderungen in der Vielseitigkeit in den letzten Jahrzehnten doch deutlich gewandelt haben, sodass Springvermögen und Rittigkeit immer mehr in den Fokus von Züchtern rücke.
Da das Zuchtziel im Vollblutbereich fast ausschließlich die Rennleistung im Blick hat, weiß man häufig recht wenig über die Springeigenschaften der eingesetzten Hengste, sodass viele Züchter den Mut verloren haben sie einzusetzen. Auch sei der Weg zum Erfolg nach dem Einsatz eines Vollbluthengstes oder einer Vollblutstute in der Warmblutzucht häufig recht lang und steinig, sodass Züchter einen langen Atem beweisen müssen. Erfolge stellen sich nicht selten erst in der zweiten oder dritten Generation nach dem ,,boostern“ ein. Ferdinand Leve sieht es als unerlässlich für die Zuchtverbände in Deutschland an, das beide ,,Lager“ in Zukunft vermehrt aufeinander zugehen sollten und in den Austausch über Ziele und Zukunftspläne gehen, sodass auf lange Sicht die Sportpferdezucht davon profitieren kann.
Nach der äußerst interessanten und kurzweiligen Talkrunde der Zuchtleiter wurde dann das neu erworbene Wissen über Vollblüter in der Praxis angewandt: Bei einem Mittagssnack wurden die startenden vierbeinigen Sportler im Führring begutachtet und ersten Wettscheine wurden ausgefüllt. Dabei wurden auch direkt einige Pferde gesichtet, die der ein oder andere der Kaderreiter oder Züchter wohl auch direkt mit in seinen Stall genommen hätte. Den besten ,,Riecher“ beim Wetten hatte offenbar Vielseitigkeits-Olympiasiegerin Julia Krajewski, die mit einem Plus im Portemonnaie aus dem Tag gegangen sein dürfte. Besonders bejubelt wurde von der Warendorfer Buschriege der dreijährige ,,Queimados“, der an einem Rennen über 1600 Meter teilnahm. Er war noch im Winter von Felix Etzel im Rahmen des ,,Buschreiteraustausches“ bei Andreas Wöhler auf der Rennbahn geritten worden. Dass er nun im Rennen mit Jockey Eduardo Pedroza im Sattel den zweiten Platz belegte, war wohl nur eine logische Konsequenz nach dem Training mit einem Vielseitigkeitskaderreiter im Sattel.
Zwischen den Rennen zeigte Nachwuchtalent Linn Zepke im Sattel der 5-jährigen Idea xx auf dem Geläuf vor der Tribüne (V: Pastorius xx/ MV: Lando xx; Züchter und Besitzer: Gestüt Hof Warendorf), dass Vollblüter noch deutlich mehr können, als ,,nur“ zu rennen. Die Talkrunde mit Julia Krajewski, Jérôme Robiné und Calvin Böckmann vor der großen Tribüne sorgte bei den Zuschauern für viel Aufmerksamkeit.
Am Ende des Tages waren sich alle einig, dass die Einladung seitens des Düsseldorfer Reit- und Rennvereins und der Dachmarke Deutscher Galopp kein einmaliges Ereignis bleiben soll, sondern, dass der Austausch und die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Sparten des Reitsports intensiviert und ausgebaut werden sollte.
Fotos mit freundlicher Genehmigung von Düsseldorf Galopp / Anne Orthen