Große Ehre für Claus Erhorn: Im Rahmen des Reiter- und Sponsorenempfangs bei den Longines Luhmühlen Horse Trials wurde der Hannoveraner Landestrainer Vielseitigkeit unter Standing Ovations zum „Reitmeister“ ernannt. „Dass hier in Luhmühlen ein sehr erfolgreicher Vielseitigkeitsreiter und -trainer ausgezeichnet wird, ist keine so große Überraschung, aber hier geht es um etwas Besonderes“, sagte Thies Kaspareit, der in seiner Funktion als Leiter der Abteilung Ausbildung der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) die Laudatio hielt. Beide verbindet aber mehr: 1988 gewannen sie im Team die Mannschaftsgoldmedaille bei den Olympischen Spielen in Seoul.
Claus Erhorn wurde 1959 in Hamburg-Harburg geboren. Seine Eltern hatten einen landwirtschaftlichen Betrieb, auf dem auch Pferde gezüchtet wurden. Bereits mit zwölf Jahren begann er seine vielseitige reiterliche Laufbahn. Schon frühzeitig entschied er sich für den Beruf des Pferdewirtes und absolvierte eine Bereiterlehre bei Hans Jörg Böhmer im Gestüt Neritz. Die Beurteilung zu seiner Zwischenprüfung lautete: „Claus Erhorn verbesserte ständig seine reiterlichen Leistungen. Er interessiert und engagiert sich beruflich sehr. Bei den Kunden fällt er durch seine freundliche hilfsbereite Art immer angenehm auf. Er hat ein großes Verantwortungsgefühl den Pferden und dem Betrieb gegenüber. Wenn er sich so weiterentwickelt, wird er sein Berufsziel erreichen.“
Der erste Schritt dorthin war die erfolgreiche Prüfung zum Pferdewirt, parallel dazu stellten sich die ersten Erfolge in der Vielseitigkeit ein. 1979/1980 absolvierte Erhorn seinen Wehrdienst an der Sportschule der Bundeswehr ab. Von dort aus wechselte er an die Landesreitschule in Vechta, die damals vom späteren Bundestrainer Hans Melzer geleitet wurde. Von 1981 bis 1984 hatte er eine Anstellung als Bereiter im Pferdezucht- und Reitverein Luhmühlen, bevor er sich bei der Familie Koch in Vierhöfen mit einem Privatstall selbstständig machte.
In der Folgezeit feierte er seine größten sportlichen Erfolge: Mit der Holsteiner Stute Fair Lady gewann er 1984 in Los Angeles Mannschafts-Bronze bei den Olympischen Spielen in Los Angeles, wurde 1985 Sechster in Badminton sicherte sich im selben Jahr Mannschafts-Bronze bei den EM in Burghley. Ein Jahr später nahm er mit Fair Lady an den Weltmeisterschaften im australischen Gawler teil, belegte dort Platz sieben. Sein größter Triumph folgte jedoch im Jahr 1988, als er mit Justin Thyme nach Team-Bronze bei den EM 1987 ein Jahr später die Mannschafts-Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Seoul gewinnen konnte. „Nach 56 Jahren wurde Deutschland erstmals wieder Mannschaftsolympiasieger und Du schrammtest außerdem haarscharf an der Einzelmedaille vorbei: Platz vier in der Einzelwertung. Für einen deutschen Vielseitigkeitsreiter dieser Zeit war diese Erfolgsgeschichte sehr, sehr außergewöhnlich“, sagte Thies Kaspareit und ergänzte, dass Erhorn für sie immer ein sportliches Vorbild gewesen sei, „weil bei Dir akribische Trainingsplanung und Trainingsfleiß gepaart mit Horsemanship und ästhetischem, klassischem, reiterlichen Können einfach gegeben war.“ 2009 gehörten Claus Erhorn und sein Justyn Thyme daher zu den ersten Paaren, die in Luhmühlen in die „Hall of Fame“ des Vielseitigkeitssports aufgenommen wurden.
Viele bekannte Ausbilder begleiteten Erhorn auf seinem Weg: Christian Engfer, Uwe Wichmann, Rosemarie Springer, Horst Karsten und Martin Plewa. „Heute ist es andersherum: Viele Reiterinnen und Reiter – besonders Auszubildende – nennen Deinen Namen als einen ihrer wichtigsten Ausbilder!“, sagte Thies Kaspareit. 1990 legte Erhorn seine Meisterprüfung mit Stensbeck-Auszeichnung ab, wurde ein Jahr später im Ausbildungszentrum Luhmühlen als Ausbilder tätig wurde und übernahm 2001 das Amt des Landestrainers im Verbandsbereich Hannover. Seither feierten die von ihm betreuten Reiterinnen und Reiter große Erfolge – beginnend mit der Goldenen Schärpe bis hin zu den U21-Europameisterschaften feiern können. 2021 wurde er mit der Goldenen Ehrennadel des Niedersächsischen Reiterverbandes ausgezeichnet. „Auch deshalb, weil Du Dich mit besonders viel Herzblut für die Förderung des Vielseitigkeitsreiter-Nachwuchses eingesetzt hast“, so Kaspareit. „Besonders herauszuheben ist das, was Deine reiterliche Karriere, aber auch Deine Trainertätigkeit bis heute ausmacht. Wie Du Dich als hochkompetenter Landestrainer, mit voller Konzentration und Hingabe um jeden einzelnen Schüler und jedes einzelne Pferd gekümmert hast.“
Zum Hintergrund:
Der Titel Reitmeister wird auf Vorschlag der FN oder einer ihrer Mitgliedsverbände für herausragende Leistungen im Sattel, langjährige herausragende Ergebnisse als Ausbilder von Spitzenreitern und -pferden, herausragende eigene reiterliche Leistungen sowie nachahmenswertes Engagement für den Reitsport verliehen. Mit Claus Erhorn erhöht sich Zahl der noch lebenden Reitmeister in Deutschland auf 23, daneben gibt es fünf Fahr- und sechs Voltigiermeister.
Archiv-Bilder: Julia Rau
Text: fn-press/Hb