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Rückblick auf die Saison 2023 mit Bundestrainer Peter Thomsen

Mit den letzten Siegerehrungen im italienischen Montelibretti ist die europäsche Vielseitigkeitssaison 2023 Geschichte. Wir konnten Bundestrainer Peter Thomsen ein paar Fragen stellen, der mit dem Ablauf dieses Jahres bereits zwei Jahre im Amt ist und nun auf die Olympische Saison 2024 blickt.

Peter, deine zweite Saison als Bundestrainer ist nun im Prinzip auch schon vorbei. Vize-Europameister, EM-Einzel-Bronze für Sandra, der Nationenpreissieg in Aachen und ein paar vielversprechende Paare, die in der zweiten Reihe parat stehen. Was war dein Highlight?

„Wir waren mit den genannten Erfolgen bisher sehr zufrieden in der Saison 2023. Natürlich freue ich mich am meisten über die beiden EM-Medaillen und den Sieg der Mannschaft in Aachen als persönliche Highlights!

Ja, es gibt viele neue Namen und Paare, die Hoffnung auf eine erfolgreiche Zukunft machen, die aber meist noch viel Erfahrung sammeln müssen. Einige 5* Debütanten sahen wir ebenfalls erfolgreich diese Saison! Auch zu den Reiter/innen, die Pech mit Verletzungen hatten, halten wir weiter Kontakt und tun alles dafür, dass sie zurückkommen.

In diesem Herbst hätte ich mir allerdings auch ein paar Starter und Top 10 Platzierungen mehr auf den internationalen Klassikern gewünscht, aber wir analysieren das und wollen weiterhin immer besser werden.“

Du bist mit einem neu aufgestellten Team in die Bundestrainer-Arbeit gestartet. Bist du zufrieden und was zeichnet euch als Team aus?

„Wir alle wissen, welche Erfolge das Team um Hans Melzer und Chris Bartle erreicht haben. Um so mehr freue ich mich, dass die Reiter/innen mit dem neuen Trainerteam an die Erfolge der letzten 15 Jahre anknüpfen konnten.

Rodolphe Scherer (Disziplintrainer Gelände) und Anne-Kathrin Pohlmeier (Disziplintrainerin Dressur) waren Glücksgriffe, die voll angekommen sind und unsere Pferde und Reiter/innen immer besser kennen lernen, wie auch umgekehrt. Rüdiger Rau hat alle Rekorde im Ponybereich der Vielseitigkeit gebrochen, aber auch er weiß, wie schwer es ist, oben zu bleiben. Aber auch alle anderen neuen Teammitglieder wie der Hufschmied Michel Beerbaum, Ärztin Dr. Katharina Egelin Oessel und Pferdephysiotherapeutin Dr.Veronica Sinz haben sich integriert und ihre Vorgänger würdig ersetzt.

Die Zusammenarbeit mit den alten Hasen, wie Mannschaftstierarzt Matthias Niederhofer, Physiotherapeutin Frieda Buschmann, Junioren/Junge Reiter-Trainer Frank Ostholt mit seinen vier Medaillen in allen Farben aus Montelibretti (bei den Nachwuchs-Europameisterschaften), Springtrainer Marcus Döhring jetzt mit neuer Doppelfunktion (Disziplintrainer Springen der VS-Reiter und Co-Bundestrainer der Springreiter), U25-Trainerin Julia Krajweski mit ihrer erfolgreichen Perspektivgruppe, Gaby Bussmann als Psychologin und die Teams Ausschuss, DOKR, Leistungsdiagnostik und Olympiastützpunkt und vielen Weiteren, die ihren Teil zum Ganzen beitragen, läuft sehr positiv.

Mein Gefühl ist, dass alle „alles reinhauen“! Dann kommt auch was Positives dabei raus. Mal geht es schneller, aber manchmal dauert es etwas……und wenn wir auch mal verlieren, wird analysiert und nächstes Mal eine Ergebnisverbesserung angestrebt.“

Diese Saison stand ja schon sehr in den Zeichen mit Blick auf die Olympischen Spiele in Paris im kommenden Jahr, bei denen wieder 3 Paare zum Einsatz kommen dürfen. Wie gut siehst du die deutsche Equipe dafür aufgestellt? Haben die engeren Kandidaten die formale Qualifikation bereits in der Tasche?

„Julia Krajewski hat gerade am Wochenende in Montelibretti mit den Top Platzierungen den Sack mit ihren „Youngstern“ heute zugemacht, ihre Siegerin von Tokyo und WM-Silbermedaillengewinnerin Mandy (Amande de B’Neville) wird demnächst untersucht und alle hoffen, dass sie dann zurückkommt.

Ansonsten sind wir gut ausgestattet mit qualifizierten Paaren und es wird ein heißer Kampf, bei dem wir alle Reiter/innen auf dem Weg nach Paris unterstützen, so gut es geht. Schade, dass es nicht weiterhin 5 Startpläze gibt…! Bis zur Medaillenvergabe werden wir alle uns bestmöglich vorbereiten und alles auf die Olympischen Spiele ausrichten, um dann hoffentlich in Paris auf dem Treppchen zu stehen.“

Du hast in diesen Jahren einigen neuen Reitern das Vertrauen geschenkt und sie bei Nationenpreisen eingesetzt, nicht zuletzt ja auch Malin Hansen-Hotopp, die als Pathfinder in Aachen ritt und schlussendlich auch dem Team bei der EM die erste Nullrunde ins Ziel brachte. Trägt dieser gezielte Aufbau aus deiner Sicht schon Früchte?

„Erfahrung spielt in der Vielseitigkeit eine wichtige Rolle, daher sind wir der Meinung, dass gerade im Nationscup wertvolle Erfahrungen als Teamreiter gesammelt werden können. 2024 wollen wir die Nationenpreise noch mehr in die Saisonplanung einbeziehen, Julia wird das als U25-Trainerin mit mir für 2024 planen und den entsprechenden Reiter/innen vorstellen.

Es gehört aber auch dazu, dass die Neulinge hin und wieder Fehler machen dürfen, die für die Zukunft dann deren Erfahrungen bereichern, andere können sich durch gute Leistungen direkt für das Team empfehlen! Das hat z.B. Malin und ihr Carlitos Quidditch mit den vielen Erfolgen in den letzten Jahren gemacht, so dass sie unser Vertrauen als Pathfinder dann auch rechtfertigte !“

An talentierten Reitern mangelt es uns in Deutschland nicht unbedingt, aber viele vierbeinige Nachwuchshoffnungen wurden ins Ausland verkauft. Die deutsche Zucht ist gut und sehr gefragt, aber wenige Pferde können für deutsche Pferde gesichert werden. Welche Ansätze verfolgt ihr, um dieser Problematik entgegenzutreten und damit Paare für den Spitzensport weiter aufbauen zu können?

„Ja, das Ausland beneidet Deutschland um unser Jugendsystem (Pony/ Goldene Schärpe/ Nachwuchschampionat/ DM Junioren und Junge Reiter, sowie die Perspektivgruppe). Aber im Seniorenbereich fehlt uns leider bei weitem die Pferdeanzahl und ein lokales Prüfungsangebot wie in England und Frankreich, wir haben hingegen eher mit sinkenden Starterzahlen und steigenden Kosten zu kämpfen.

Daher planen wir im Winter einen Workshop mit Veranstaltern/ Pferdebesitzern/ Reiter-innen/ Trainer-innen/ Verband und Ausschuss, um Richtung Olympische Spiele in Los Angeles Maßnahmen zu planen und umzusetzen, damit wir langfristig erfolgreich bleiben!

Ich träume persönlich von einer Perspektivgruppe „Pferd“, die Pferde identifiziert und diese -wie auch immer- bindet und in Deutschland hält….schauen wir mal, ob so ein Konstrukt entwickelt werden kann!“

Rückblickend auf die letzten beiden Jahre: konntest du deine Ziele erreichen?

„Ja, die meisten Ziele wurden erreicht, aber damit es so weitergeht muss jeder Stein umgedreht werden !“

 

Danke Peter, für diesen intensiven und informativen Rückblick auf die Saison 2023 und den kleinen Vorgeschmack auf das, was da noch kommt.

 

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