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Mit dem selbstgezogenen Familienpferd bis in den Bundeskader: Elena Otto-Erley im Interview

Elena Otto-Erley aus Warendorf ist lupenreine Amateurin, gehört mit ihrem einzigen Buschpferd Finest Fellow dem Bundeskader an und darf sich seit der 4*-Platzierung in Hamm noch dazu auf die Verleihung des Goldenen Reitabzeichens freuen. Buschreiter.de hat mit ihr über ihre ungewöhnliche Erfolgsgeschichte mit dem selbstgezogenen Familienpferd gesprochen.

Die 28-jährige ,,Elli” aus Warendorf reitet bereits seit sie denken kann, jedoch bezeichnet sie ihre sportliche Karriere bevor ihr Erfolgspferd Finest Fellow, oder ,,Fuzzi”, wie er zuhause gerufen wird, in Erscheinung trat als ,,unspektakulär.” Im Vielseitigkeitsbereich war sie bis zur Goldenen Schärpe unterwegs und mit dem Familienpferd Susi ritt sie Springen im ländlichen L- und M-Bereich. Ellis Eltern Fritz und Catharina hatten jedoch immer ein bis zwei Zuchtstuten, welche bei befreundeten Züchtern in Bremen beheimatet waren: ,,Mein Papa wollte eigentlich immer Vielseitigkeitspferde züchten, aber Fuzzi ist ja bekanntermaßen ein Fidertanz-Sohn. Als er dann geboren wurde hat mich das zunächst noch gar nicht so interessiert. Ich war damals 14 und noch mit meinem Pony unterwegs.” Im Sommer 2013 kam der mittlerweile vierjährige und bereits angerittene braune Wallach dann zur Familie Otto-Erley wo Tochter Elena ihn während der freien Zeit nach dem bestandenen Abitur begann zu reiten. ,,Die Idee war zunächst ihn für ein paar Wochen zu uns zu holen, damit ich ihn ein bisschen weiter reite, weil er ganz lieb war und ihn dann als Hobby-Dressurpferd zu verkaufen. In der Zeit war ich dann beim Reitstall Schulze-Niehues bei uns in der Nachbarschaft um dort das silberne Reitabzeichen zu machen. Da habe ich Fuzzi dann einfach mal ein paar Tage mitgenommen und wir sind dort auf der Geländewiese ein paar Baumstämme gesprungen, eigentlich eher im Sinne der vielseitigen Grundausbildung.” Jedoch schlug sich Finest Fellow dort so gut, dass schon bald der Entschluss gefasst wurde ihn zu behalten: ,,Da hat sich schnell gezeigt wie viel Spaß ihm das macht, und dass er vielleicht doch kein reines Dressurpferd werden will.”

Der erste große Meilenstein in der mittlerweile über 10-jährigen Partnerschaft der beiden war dann das Bundeschampionat 2014: ,,Es war schon als Kind mein absoluter Traum mal auf dem Bundeschampionat zu starten. Wir kommen ja aus Warendorf und waren jedes Jahr zum Zuschauen dort, das ganze Flair am DOKR, bei den Meisterehrungen usw. fand ich immer schon super aufregend.” Als Sechsjähriger schaffte es Finest Fellow dann sogar bis ins Finale: ,,Die Strecke am Finalsonntag war wirklich richtig schwer, wir hatten im Endeffekt einen Vorbeiläufer, aber die ganze Geländerunde hat so einen Spaß gemacht und es waren sehr viele Freunde zum Anfeuern vor Ort, das war das erste richtige Highlight.”

Die Junioren- und Junge Reiter-Tour kam für das junge Paar noch zu früh, allerdings bestritten sie ihre erste CCI3*-S Prüfung (damals noch CIC2*) auf dem Ponyhof Georgenbruch in Everswinkel im Jahr 2016. Damals war Elli 21 Jahre alt und somit noch Junge Reiterin und Finest Fellow war gerade einmal 7 Jahre alt. 2016 fand der Preis der Besten im Rahmen der CIC2* Prüfung noch in Everswinkel statt, sodass die erste Prüfung in der nächsthöheren Klasse zufälligerweise auch gleich der Preis der Besten war welchen sie, zwar noch nicht in der Platzierung, aber ohne Hindernisfehler gut beenden konnten. Im gleichen Jahr gewannen die beiden auch mit dem hessischen Team den Bundeswettkampf in Bad Harzburg. Denn obwohl Elli gebürtige Warendorferin ist und dort mittlerweile auch wieder lebt, hat sie ihr Studium in Politikwissenschaften im hessischen Marburg absolviert und ritt dann in der Zeit auch für den entsprechenden Landesverband. Im folgenden Jahr sollte der erste Start für Deutschland bei den ländlichen Europameisterschaften in Belgien folgen, jedoch verletzte sich Fuzzi kurz vor der Prüfung und somit mussten die beiden noch ein wenig länger auf ihr erfolgreiches Debüt für die deutsche Mannschaft warten.

Nachdem sich die beiden im 3*-Bereich erfolgreich etabliert hatten, folgte dann 2018 auch schon der erste Start auf 4*-Niveau. 2020 folgte dann, ebenfalls in Strzegom, die ersehnte erste Platzierung auf CCI4*-Level, bevor sie dort 2021 ihr Debüt in der deutschen Mannschaft für den Nationenpreis gaben und zusammen mit Josefa Sommer, Katharina Tietz und Nadine Marzahl gewinnen konnten. ,,Der größte Schritt war für mich allerdings die erste CCI4*-L in Baborowko in diesem Jahr.” Dort konnten die beiden nicht nur den zweiten Platz belegen, sondern sich auch gleichzeitig die formale Qualifikation für den Start auf Championaten im Seniorenlager sichern. An diesen Erfolg schloss sich dann auch die Berufung in den Bundeskader, sowie die Nominierung für den Block III der Longlist für die Europameisterschaften in Le Pin au Haras an: ,,Ich wusste natürlich, dass ich formell qualifiziert bin, aber als Peter Thomsen mich sonntags morgens angerufen und mir die Nominierung mitgeteilt hat, konnte ich das erstmal gar nicht glauben und habe mich natürlich riesig gefreut.”

Wenn Elli nicht gerade im Sattel ihres Erfolgspferdes Finest Fellow oder ihres 7-jährigen Springpferdes Coyne’s Cross sitzt, dann arbeitet sie nach ihrem abgeschlossenen Studium in Politikwissenschaften für den Deutschen Bundestag. Sie leitet das Wahlkreisbüro des Abgeordneten für den Kreis Warendorf, arbeitet die meiste Zeit dort vor Ort und reist nur hin und wieder für einzelne Tage direkt nach Berlin.

Auf die Frage nach weiteren Zielen und Träumen auf der gemeinsamen Reise sagt Elli: ,,Mit der Nominierung hat sich gleichzeitig ein weiterer Lebenstraum erfüllt, nämlich die Berufung in den Bundeskader.” (Anm. der Redaktion: Perspektivkader perspektivisch). Als i-Tüpfelchen dieser erfolgreichen Saison erfüllten die beiden jüngst in der CCI4*-S Prüfung in Hamm-Rhynern die Anforderungen für das Goldene Reitabzeichen: ,,Ich hoffe einfach, dass wir auf diesem Level weiterreiten und noch einige tolle Prüfungen mitnehmen können!”

Die buschreiter.de Redaktion bedankt sich für das interessante und ausführliche Gespräch!

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