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Life as a Working Student – Reiten, Reisen und noch viel mehr

Elisa Abeck gehörte in diesem Jahr zur siegreichen deutschen Equipe beim European Cup, den sogenannten Ländlichen Europameisterschaften, in Lausanne. Sie erfüllte sich damit den Traum, einmal „so richtig“ für Deutschland zu starten.

Sie war nach der Schule, im und nach dem Studium mit und ohne eigenem Pferd in verschiedenen Ställen in Deutschland, Australien und Großbritannien als Working Student tätig und ist nach wie vor begeisterte Buschreiterin bis CCI-3*. Aus ihrer Zeit als Working student hat sie uns ihre Erfahrungen zusammengetragen um ein bißchen Hilfestellung in diesem Bereich zu geben.

 

Warum es sich lohnt als Working Student in den (Vielseitigkeits-)Ställen dieser Welt zu arbeiten und welche Punkte es zu beachten gilt.

 

Ganz egal ob der Reitsport einmal zum Beruf gemacht werden oder aber ein ambitioniertes Hobby bleiben soll, für einige Wochen, Monate oder sogar für Jahre in einem Reitstall (Profi-)luft zu schnuppern bringt jeden pferdebegeisterten Menschen, nicht nur im Sattel, weiter. Wenn das Abenteuer „Working Student“ gut vorbereitet wurde und man sich gleichzeitig eine gewisse Portion Offenheit und Spontanität erhält, dann wird man dort seinen Pferdeverstand erweitern, hoffentlich tolle Reitstunden genießen, vielleicht sogar eine fremde Sprache und Kultur besser kennenlernen und Freunde fürs Leben finden.

Als Working Student ist man normalerweise für eine gewisse Zeit in einem Reitstall und unterstützt das Team auf dem Hof bei allen Aufgaben, die dort täglich in der Arbeit mit den Pferden anfallen. Als Lohn dafür bekommt man je nach Absprache Reitstunden, die Boxenmiete für ein mitgebrachtes Pferd, einen Obolus und/oder Kost und Logie. Das Konzept ist in Europa, Amerika und Australien sehr verbreitet, aber auch in asiatischen oder südamerikanischen Ländern findet man immer wieder Möglichkeiten.

 

Schritt 1: Den richtigen Stall finden

Der erste und gleichzeitig wichtigste Schritt ist es, den richtigen Stall für sich zu finden. Zuallererst sollte man sich Gedanken darüber machen, wie lange man bleiben kann/ möchte und welche Regionen bzw. Länder überhaupt in Frage kommen. Auf Social Media findet man unter dem Hashtag #workingstudent auch immer wieder Angebote und Ställe, welche befristet MitarbeiterInnen suchen. Auch auf der Website www.yardandgroom.com werden weltweit Stellen für Working Students ausgeschrieben.

Ansonsten lohnt es sich aber auch einfach eine freundliche Mail mit seinem Anliegen an seinen Wunschstall oder -reiter zu senden. Wenn man schreibt, warum man genau an diesen Stall möchte, von seinen eigenen Erfahrungen oder Erfolgen berichtet, sich gleichzeitig arbeits- und lernbreitet zeigt und vielleicht ein Foto oder Video von sich beim Reiten hinzufügt, dann hat man in vielen Ställen schonmal gute Karten.

Jedoch sollte man sich in seinem Umfeld umhören, ob mit dem jeweiligen Stall vielleicht Bekannte schon Erfahrungen gemacht haben. Es gibt zahlreiche tolle Ställe wo zwar hart gearbeitet, aber auch viel Schönes zusammen unternommen wird und man als Teil des Teams behandelt wird. Genauso gibt es aber auch Ställe wo man als billige Arbeitskraft fungiert und auf ursprünglich vereinbarte Gegenleistungen wie z.B. Reitunterricht vergeblich wartet. Hier sollte nicht aus dem Blick verloren werden, dass man als Working Student oftmals noch sehr jung ist und man nicht selten zu der Person, bei der man arbeitet, aufschaut. Daher ist ein Ansprechen von wahrgenommenen Missständen zwar durchaus möglich, aber es gehört doch immer eine ordentliche Portion Mut dazu.

Daher helfen einem Kontakte bei der Auswahl des richtigen Stalls sehr weiter. Vielleicht hat man auf Social Media oder durch Freunde von jemandem erfahren, der als Working Student arbeitet oder gearbeitet hat und spricht oder schreibt diese Person einfach freundlich an, um Tipps oder Empfehlungen zu bekommen. Man sollte auch daran denken, dass gerade ReiterInnen im absoluten Topsport gerade in der Saison fast ausschließlich auf Turnieren unterwegs sind. Das Management rund um die Turniere mitzuerleben ist für einen selbst immer lehrreich, aber man kann dann häufig davon ausgehen, dass für Reitunterricht eher selten Zeit sein wird.

Außerdem sind „selbst Reiten“ und „andere Trainieren“ auch zwei Paar Schuhe. Nicht jeder Topreiter ist auch ein super Trainer und andersherum. Mache dir daher vorher Gedanken, was du von deinem Aufenthalt dort erwartest: Möchtest du eher selbst reiten und reiterlich möglichst viel dazulernen? Oder möchtest du den Ablauf in einem Profistall miterleben und im Bereich Sportpferdemanagement dazulernen? Gerade in diesem Bereich sind ohnehin meist die Pfleger bzw. Grooms die Ansprechpartner Nummer 1. Deshalb kann es ggf. sogar Sinn ergeben, statt der Reiter, gezielt Top-Pferdepfleger zu kontaktieren.

 

Schritt 2: Vereinbarungen treffen

 

Wenn der Stall gefunden ist, dann ist die erste Hürde schon einmal geschafft. Oftmals ist man darüber sehr glücklich und dankbar, sodass man sich denkt: „Der Rest wird dann auch schon passen!“ Auch wenn wir alle wissen, dass Pferdesport kein 9 – 5 Job ist, so sollte man jedoch grobe Abmachungen treffen bzw. einige Fragen klären:

  • Wie sind die normalen Arbeitszeiten?
  • Gibt es einen freien Tag pro Woche? (die sechs Tage Woche ist in den meisten Ställen Gang und Gäbe)
  • Bekommt man gratis Reitunterricht oder muss man dafür extra zahlen?
  • Wird die Arbeit vor Ort vergütet?
  • Falls man ein eigenes Pferd mitnimmt: Muss die Box bezahlt werden oder ist sie Teil der Vergütung?
  • Falls man ein eigenes Pferd mitnimmt: Sind Turnierstarts möglich?
  • Falls man dort hinfliegt: Gibt es ein Auto welches für Einkäufe genutzt werden kann?
  • Wie ist die Wohnsituation? (Ein paar Wochen im LKW schlafen mag ok sein, ein paar Monate eher nicht!)
  • Muss man selbst Essen einkaufen oder werden Mahlzeiten gestellt?
  • Gibt es Waschmöglichkeiten?

 

Außerdem sollte man gerade bei längeren Aufenthalten oder bei Working Student Positions im Ausland mit seiner Krankenkasse sprechen und ggf. eine Auslandskrankenversicherung abschließen welche Reiten als Sport nicht ausschließt.

 

Schritt 3: Es geht los!

Wenn es endlich losgeht, dann wird es wahrscheinlich gerade in den ersten Tagen sehr viel neuer Input sein! Neue Pferdenamen; Wer bekommt welchen Sattel?, Wer bekommt welches Futter?, Wer geht auf welche Weide?, Wo werden nochmal die Hufe ausgekratzt? usw.

Auch wenn es am Anfang viel erscheint und man abends meist direkt nach dem Abendessen einschläft: Du wirst dich sehr schnell daran gewöhnen. Wichtig ist es, sich immer wieder daran zu erinnern, dass du dort bist um etwas zu lernen und nicht nur, um deine Arbeit durchzuziehen. Oftmals meinen die Pfleger und Mitarbeiter es gar nicht böse, aber im Alltag vergessen sie manchmal das ein oder andere zu erklären. Also bist du in der Pflicht: Frag nach und sei neugierig! Viele Vorgänge im Stall haben einen Hintergrund (Ok, manche auch nicht) und du wirst für dein eigenes Pferdeverständnis viel mitnehmen, wenn du immer mal wieder nachfragst. Frag auch nach, ob du beim Training zusehen darfst. Davon lernt man auch enorm viel und es wird dir das, was dir in den Reitstunden erklärt wird, verständlicher machen. Saug alles auf und am Ende kann man selbst immer noch reflektieren was für einen selbst schlüssig und praktikabel für seinen eigenen Alltag erscheint.

In der Regel wirst du einen Tag pro Woche frei haben. Auch wenn dir wahrscheinlich an diesem Tag nach Ausschlafen und Nichtstun zumute sein wird, solltest du versuchen an den Tagen schöne Dinge in der Umgebung zu unternehmen. Es muss nicht direkt der Touri-Marathon sein, aber gerade, wenn man in einer ganz anderen Region oder im Ausland ist, dann kann man diesen Tag wunderbar für entspannte Tagestrips nutzen. Es hilft einem außerdem sehr dabei nicht im „Pferdehamsterrad“ stecken zu bleiben. Gerade wenn man 24/7 am Stall lebt und die Pferde den ganzen Tag das Thema Nr. 1 sind, dann helfen Ausflüge dabei zu erkennen, dass es auch noch andere schöne Dinge gibt und sich das Leben nicht zwangsläufig ausschließlich um Pferde drehen muss.

 

 

Schritt 4: Es läuft nicht nach Plan

Hoffentlich benötigst du diesen Schritt nicht, aber selbst bei guter Vorbereitung und Planung kann es natürlich passieren, dass sich dein Aufenthalt als Working Student sich nicht so gestaltet, wie du es gehofft hast. Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Vielleicht hast du Heimweh, kommst mit deinen Arbeitskollegen nicht klar oder Vereinbarungen werden nicht eingehalten. Hier solltest du, bevor Entscheidungen überstürzt werden, mindestens eine Woche ins Land gehen lassen und dich auch mit guten Freunden oder der Familie zuhause austauschen. Gerade am Anfang benötigt man seine Zeit, um sich an das oftmals hohe Pensum zu gewöhnen. Wenn deine negativen Gefühle jedoch deutlich über eine schlechte Tagesform hinausgehen, dann wird es Zeit zu handeln. Du bist dort hingereist, um etwas zu lernen und dich weiterzuentwickeln! Der erste Schritt wäre es, dich an deine Chefin oder deinen Chef vor Ort zu wenden und um ein kurzes Gespräch zu bitten. Wenn es Umstände sind die änderbar sind, dann äußere deine Wahrnehmungen möglichst sachlich und erst einmal wertfrei. Gerade vielbeschäftigte ReiterInnen meinen es oftmals gar nicht böse, aber sie vergessen über ihre eigenen täglichen Projekte ihre getroffenen Abmachungen mit dir. Oftmals fühlt man sich nach einem solchen Gespräch viel besser und es kann besser auf deine Bedürfnisse geachtet werden.

Wenn alles nichts mehr hilft und du dich einfach nicht wohl fühlst, dann ist es auch kein Beinbruch deinen Working Student Dasein vorzeitig zu beenden. Auch ein Wechsel des Stalls kann eine Möglichkeit sein, damit du dich wohler fühlst. Auch eine solche Entscheidung die sich erst einmal wie ein Aufgeben anfühlen mag, wird dich für die Zukunft stärken!

 

Schritt 5: Die Reise ist vorbei

Auch die schönste Zeit neigt sich einmal dem Ende zu. Nach einer hoffentlich unvergesslichen und lehrreichen Zeit als Working Student steht irgendwann der Tag der Heimreise an. Deine Wertschätzung und Dankbarkeit dem Team gegenüber kannst du durch ein kleines Abschiedsgeschenk zum Ausdruck bringen. Etwas Nützliches für die Sattelkammer, ein leckerer Snack für zwischendurch oder ein gemeinsames Foto von euch. Alle werden sich darüber freuen und du wirst in guter Erinnerung bleiben. Die Pferdewelt ist klein und der Kontakt wird dir auch in Zukunft als Anknüpfungspunkt und Referenz helfen.

ELMAR LESCH EVENTING TEAM – STELLENANGEBOT

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