SAP Hale Bob OLD war eines der Championatspferde, die in den letzten 8 Jahren so maßgeblich an den Medaillen für Deutschland beteiligt waren. Unter Ingrid Klimke gewann er Medaillen bei Europameisterschaften und Olympischen Spielen, reiste zudem zu den Weltreiterspielen. Am Samstag nachmittag wurde er im Rahmen der Siegerehrung des SAP Cups noch einmal geehrt.
Seine sportliche Karriere endete leider anders und früher als geplant. Im Alter von 18 Jahren fühlte er sich für seine Reiterin noch fit und frisch an, sodass sie ihn nach einem Sieg beim CCI4*-S in Oudkarspel zum Saisonauftakt 2022 beim Nationenpreisturnier im italienischen Pratoni del Vivaro einsetzte- dem Test-Event für die später im Jahr angesetzten Weltreiterspiele.
Nach einer guten Dressur mit -24,8 Punkten sah auch die Geländerunde frisch und routiniert aus. Plötzlich, mitten auf einer Galoppstrecke fing Hale Bob an, unrund zu galoppieren. Ingrid parierte sofort durch, Hale Bob lahmte sichtlich, sie sprang ab. Er wurde tierarztlich sofort bestens versorgt und letztendlich in einer heimatlichen Klinik behandelt. Der Sehnenabriss bedeutete aber das sportliche Ende für diesen Vorzeige-Athleten.
Nachdem er seine Verletzung auskuriert hat, darf er nun seine Rente in Münster genießen. Nun kann auch der große Abschied des 19-jährigen Oldenburgers erfolgen- beim CHIO in Aachen, wo er in seiner Laufbahn 7 Male startete und 2017 und auch 2019 als großer Sieger die Heimreise antrat. Ingrid Klimke, die sich gerade vor knapp 2 Wochen noch das Schlüsselbein bei einem Sturz in Luhmühlen brach, brachte ihr Championatspferd an der Hand in die Soers.
Vom zunächst etwas unterschätzten Jagdpferd, der für Andreas Busacker ausgewählt war, hat sich der Helikon xx- Sohn aus einer Noble Champion Mutter aus der Zucht von Dr. Rolf Lück zum verlässlichen Championatspferd entwickelt.
6 Jahre konnten Ingrid und SAP Hale Bob OLD in Folge zum deutschen Championatsaufgebot gehören (2020 wurden die Olympischen Spiele ins Jahr 2021 verschoben). 3 Einzel- und 3 Teammedaillen konnten sie gewinnen.
Bei 70 internationalen Starts konnte Bobby 19 Mal die Siegerschleife in Empfang nehmen.
Gerade die Dressur war nicht seine Lieblingsdisziplin, wie Ingrid häufig schmunzelnd erzählte. Doch durch Fleiß und akribische Arbeit wurde er immer korrekter in den Lektionen und beendete die Dressur meist auf den vorderen Rängen.
Das erste Mal eine CCI5*-L Prüfung (damals noch CCI4*) ging er 2014 in Luhmühlen, mit 40 Minuspunkten kam er aus dem Gelände. Doch schon im selben Jahr konnte er diesen Ausrutscher auf dem Level ausbügeln, in Pau schenkte er Ingrid den ersten Sieg in der Königsklasse.
Im nächsten Jahr reiste das Paar nach Badminton und lieferte dort einfach nur ab. Eine Bilderbuchrunde im Gelände, ein fehlerfreier, makelloser Springparcours ließ sie Zweite werden hinter William Fox-Pitt und dem Hengst Chilli Morning.
Diese Leistung in Badminton bescherte ihnen einen zweiten Startplatz in England: Nämlich den bei den Europameisterschaften in Blair Castle. Mit Teamgold und Platz 5 in der Einzelwertung beendeten sie ihren ersten Championatsauftritt.
2016 kam dann die erste richtig große Reise für “Bobby”, wie ihn sein Team immer liebevoll nannte. Ingrid wurde mit ihm für die Olympischen Spielen in Rio nominiert, mit Mannschaftssilber dekoriert traten sie die Heimreise an. Ein Vorbeiläufer im Gelände verhinderte ein noch besseres Einzelergebnis, Platz 14 wurde es in der Endabrechnung.
Im Jahr 2017 starteten sie erneut in Badminton, der Sieg war zum Greifen nah, sie gingen als Overnight-Leader in das abschließende Springen. Doch ein denkbar kurzer Moment ließ diesen Traum zerplatzen, sie bekamen keine gute Absprungdistanz in die dreifache Kombination und mussten diese erneut anreiten. Mit Platz 9 im Endergebnis und dem Sieg in Aachen konnten sie sich dennoch in das Aufgebot für die Europameisterschaften in Strzegom bringen.
Dort passte einfach alles. Ingrid gewann im Sattel von Hale Bob ihre erste Einzelmedaille und wurde Europameisterin. Mit Tränen in den Augen nahm sie die Medaille in Empfang und widmete diese ihrem verstorbenen Vater Dr. Reiner Klimke. Das Team gewann dort zunächst zudem Silber, die Medaille wurde jedoch im Nachhinein aufgrund einer positiven Medikationsprobe von Samourai du Thot ( Julia Krajewski) aberkannt.
Der Sieg in Wiesbaden und die Silbermedaille bei den Deutschen Meisterschaften in Luhmühlen brachten das Duo aus Münster auch 2018 auf Championatskurs. Mit dem Flugzeug steuerten sie Thryon in den USA für die Weltreiterspiele an. Übrigens die letzten, die in dieser Form für alle Reitsportdisziplinen an einem Ort ausgetragen wurden.
Auch dieses Turnier lief für das Paar hervorragend, letztendlich kostete ein leichter Abwurf am Ende des Springparcours gar noch die Einzel-Goldmedaille. Bronze gab es dennoch, eine weitere Einzelmedaille für Bobby und seine Ausbilderin.
2019 stand ganz klar im Zeichen der Heim-EM in Luhmühlen. Ein Sieg in Radolfzell, ein weiterer Sieg in Aachen und Platz 3 in Wiesbaden endeten in Doppel-Gold bei den Europameisterschaften. Ingrid und Bobby konnten ihren Titel verteidigen und auch noch mit der Mannschaft (Michael Jung mit fischerChipmunk FRH, Andreas Dibowski mit FRH Corrida und Kai Rüder mit Colani Sunrise) den Sieg feiern.
Durch die Corona-Pandemie startete die Saison 2020 anders als alle anderen und das große Championat, die Olympischen Spiele, wurden ins Jahr 2021 verschoben. Zum Ende der Saison entschieden Ingrid und Bobby noch die 4* Prüfung in Pratoni del Vivaro für sich.
Die Mission 2021 war eigentlich klar, das Jahr stand nun also ganz im Zeichen der Olympischen Spiele in Tokyo. Doch es sollte alles anders kommen als gedacht. Ende Mai stürzte und verletzte sich Ingrid in Baborowko mit ihrem Nachwuchspferd Cascamara so schwer, das an reiten erst einmal nicht mehr zu denken war.
Im August sattelte sie ihren Routinier Hale Bob das erste Mal wieder auf einem Turnier und kehrte aus Arville mit dem Sieg heim. Damit sicherten sie sich auch die Fahrkarte für das zweite, planmäßig ausgetragene Championat in diesem Jahr- den Europameisterschaften in der Schweiz. In Avenches ritten sie in der Dressur an die Spitze des Feldes. 4 Sekunden über der Zeit im Gelände kosteten sie die Overnight-Leader Position, sie fielen hinter die späteren Europameister Nicola Wilson und JL Dublin (GB) zurück. Ein ärgerlicher Abwurf im Springparcours warf sie dann leider aus den Medaillenrängen, in der Endabrechnung freuten sie sich dennoch über Platz 5. Zudem feierten sie Teamsilber hinter den Briten zusammen mit Michael Jung (fischerWild Wave), Anna Siemer (FRH Butt’s Avondale) und Andreas Dibowski (FRH Corrida).
In der letzten Saison seiner Laufbahn beendete Bobby auch die letzte Prüfung (bevor er sich verletzte) mit einem Sieg im niederländischen Oudkarspel.
6 Championate, 6 Championatsmedaillen, zwei Mal Einzel-Europameister, 1 CCI5* Sieg, 19 internationale Siege- und das alles als Team gemeinsam mit Ingrid Klimke.
Ein ganz Großer hat die sportliche Bühne verlassen- danke Bobby, für die vielen tollen Momente!
Bilder: Julia Rau, Lutz Kaiser, Kerstin Hoffmann