Der Blick auf die 4*- Starterliste vor Beginn der Deutschen Meisterschaften in Luhmühlen versprach eines: Hochkarätige Paare, hochkarätigen Sport.
Doch eigentlich hatte man damit gerechnet, dass die Vergabe der Medaillen wieder unter den „üblichen Verdächtigen“ ausgemacht wird.
Ingrid Klimke ging gleich mit drei Pferden an den Start, darunter auch der zweimalige Europameister SAP Hale Bob OLD, Michael Jung hatte den Vize-Europameister fischerChipmunk FRH angekündigt, Sandra Auffarth brachte Viamant du Matz und Let’s Dance mit, Andreas Dibowski sattelte FRH Corrida.
Nur eine Auswahl der hochdekorierten Paare, die Deutschland bereits auf Championaten erfolgreich vertreten haben.
Doch- es kam dann einiges anders, als erwartet. Auch wenn man sich in der Dressur manchmal wünscht, dass auch da die Rangierung eine Tagesform im positiven und negativen Ausmaß mehr wiederspiegelt, brachte der Geländetag das Klassement ordentlich durcheinander.
Nachdem bei Ingrid Klimke und „Bobby“ ein Sicherheits-Pin eines MIM-Systems gebrochen war, was ihnen 11 Minuspunkte einbrachte, bekamen Michael Jung und Chipmunk die Wendung zum schmalen d-Element des Hinderniskomplexes am Jeep-Teich nicht wie gewünscht und kassierten 20 Minuspunkte für einen Vorbeiläufer.
Und es sollte die Stunde deren schlagen, die so oft gute Leistungen bringen, die aber fast dennoch keiner so ganz für oben auf dem Zettel hatte: Neben Sophie Leube mit der 10-jährigen J’Adore moi und Anna Siemer mit FRH Butts Avondale brachte sich auch die 23 jährige Anna-Katharina Vogel mit ihrer 13-jährigen DSP Quintana P nach einem blitzsauberen Geländeritt in Schlagdistanz zu den Medaillen.
Das Ergebnis ist bekannt: Alle Stangen blieben liegen, mit -0,8 aus der Zeit kam das Paar aus dem Parcours und sicherte sich damit die Bronzemedaille hinter der Deutschen Meisterin Ingrid Klimke (mit SAP Asha P) und Sandra Auffarth mit Viamant du Matz!
Wir konnten Anna ein paar Fragen stellen:
Anna, herzlichen Glückwunsch zur Bronzemedaille bei den Deutschen Meisterschaften! Was für ein spannendes Wochenende muss das für dich gewesen sein. Kannst du es schon fassen?
„Vielen Dank! Es war ein unglaubliches Wochenende. So langsam realisiere ich das, was wir da geleistet haben und wie perfekt das Ganze lief. Das brauchte aber ein paar Tage, zunächst war ich erst sprachlos und konnte das gar nicht glauben.“
Du bist gerade einmal 23 Jahre alt und mischt als Amateur gerade die komplette Szene im Seniorenlager ein wenig auf- nach dem top Ergebnis bei den Europameisterschaften gewinnst du mit DSP Quintana P die Bronzemedaille und schlägst damit einige mehr als bewährte Erfolgspaare. Wie fühlt sich das an?
„Natürlich das immer noch unglaublich, aber es ist eine tolle Belohnung für mich. Ein ganz toller Lohn und eine tolle Anerkennung für harte Arbeit die ich neben meinem normalen Beruf und in diesem Jahr auch mit den nicht aller leichtesten Trainingsbedingungen versucht habe zu meistern. Ich bin auch einfach nur happy, dass wir so auch zeigen konnten, dass man auch als Amateur in den oberen Klassen ein Wörtchen mitreden kann.“
Quinn und du- ihr seid ein eingespieltes Team. Was macht euer Zusammenspiel so besonders und so erfolgreich?
„Wir verstehen uns blind, wir sind wirklich ein komplett eingespieltes Team. Ich weiß was sie denkt und fühlt. Quinn war kein leichtes Pferd, mir wurde damals oftmals gesagt, dass sie kein Pferd für den großen Sport werden würde. Ich denke viele hätten sie in jungen Jahren abgegeben. Ich bin so oft von ihr gefallen, sie stieg, war auf dem Abreiteplatz nicht gut händelbar. Als junges Pferd hat sie auf der Geländestrecke oftmals einfach umgedreht. Zudem wurde ihr „zu kleiner“ Galoppsprung oft bemängelt, der sich aber nun auch oftmals als praktisch erwies. Ich bin wirklich oft an meine Grenzen gekommen, aber ich habe mich durchgebissen und durchgekämpft. Sie war jung, ich war noch Junior- und wir sind unseren Weg gegangen. Auf das Resultat bin ich schon echt stolz.“
Nochmal zurück zum DM-Wochenende. Wie liefen die einzelnen Prüfungen so aus deiner Sicht und was war dein erster Eindruck der Geländestrecke? Hattest du gleich das Gefühl, dass sie euch liegen wird?
„Die Dressur war sehr gut, Hans Melzer und Jürgen Koschel waren auch sehr begeistert und sahen darin ihre beste Dressurprüfung bisher. Ich hatte sie dieses Mal ein wenig höher in der Anlehnung als bisher. Allerdings war ich etwas enttäuscht von den Punkten die wir dann bekamen- die waren nämlich in etwa so wie sonst auch und spiegelten diese positive Entwicklung nicht so wider. Die Geländestrecke war enorm technisch und mental anstrengend für die Pferde. Mir war schon schnell klar, dass auf dieser Strecke jedem, auch den besten Paaren, mal schnell ein run-out passieren könnte. Und das war ja dann Tatsache auch so. Aber ich war mir bei Quinn auch nicht so sicher, ob die Strecke ihr liegen würde. Ich hatte schon oft einen besseren Rhythmus, ich musste oftmals viel rausnehmen sodass wir doch auch kämpfen mussten. Doch auf Quinn war Verlass und sie hat wieder einmal allen gezeigt, dass sie so eine Geländestrecke so easy aussehen lässt.“
Es stand zunächst noch ein weiteres Ziel für dieses Jahr auf dem Plan- die CCI5*-L Prüfung in Pau. Fahrt ihr nach Frankreich?
„Nach Absprache mit den Trainern habe ich mich nun dazu entschieden, nicht mehr nach Frankreich zu fahren. Quinn ist eine so tolle Saison gelaufen, in den drei Prüfungen, die sie gelaufen ist, war sie jedes Mal 4* platziert (Strzegom, Arville und Luhmühlen)- sodass ich sie nun lieber schonen möchte. Ich wäre zwar super gerne meine erste 5* geritten, aber bevor jetzt zum Ende hin doch noch etwas passiert, möchte ich sie lieber fit und munter in die Winterpause schicken. Wir sparen uns die Kilometer um nächstes Jahr wieder durchzustarten.“