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Gedanken: Die Pandemie und die Sorgen des Amateursports

Der DFB hat gerade in der vergangenen Woche zusammen mit dem DOSB unter dem Credo „Draußen muss drin sein“, Perspektiven für den Amateursport- jetzt! eine Petition gestartet, die sich an die Bundesregierung richtet. Dass diese Perspektiven dringend notwendig sind, zeigt sich auch im Reitsport. Während die Berufsreiter in der Ausübung ihres Turniersports weitestgehend uneingeschränkt sind, gibt es seit über einem halben Jahr keinerlei Perspektiven für den Amateursport.

Aufgrund der Bundes-Notbremse und den nun weitergehend beschlossenen Maßnahmen durch die Länder bei Inzidenzen zwischen 50 und 100 Infizierten auf 100.000 Einwohner innerhalb von 7 Tagen, rücken die positiven Aussichten aus dem letzten Jahr auch noch weiter in die Ferne. In einigen Bundesländern wurden nun glücklicherweise eine Lockerung bezüglich des Amateursports beschlossen!

In anderen Bundesländern, wie in NRW, ist es sogar fraglich, ob eine Reithalle bei einer Inzidenz von 50-100 noch ohne aktuellen negativen Corona-Test betreten werden darf.

In der Corona-Politik erscheint so einiges nicht mehr logisch, aber an dieser Stelle fragt man sich doch dann langsam wirklich nach der Sinnhaftigkeit.

Im Sport ist leider eins passiert- der Amateur- und Profisport wurde noch weiter entzweit. Der natürliche Wettbewerbsvorteil von Profis durch größere Routine, die mit bis zu drei Pferden in einer Prüfung starten, denselben Parcours dadurch mehrmals reiten etc. ist einfach nicht weg zu diskutieren.

War es in früheren Jahren noch so, dass viele Reiter gerne den Status des Reitausweises der Option A erhalten wollten um in geschlossenen Prüfungen startberechtigt zu sein, so sind nun mehr und mehr Reiter freiwillig in die Option B der Berufsreiter übergesiedelt, um von den derzeitigen Vorteilen eventuell etwas mitnehmen zu können.

Doch eins ist klar- viele der veranstaltenden Vereine bestehen aus einer Reihe von Amateuren, die die Turniere auf die Beine stellen. Egal, ob für Profis, oder für Amateure. Und genau diese Veranstalter brechen uns gerade weg. Es gibt keinerlei Planungssicherheit, was wann eventuell vielleicht möglich sein könnte. Ein Turnier braucht aber vor allem mit ehrenamtlichen Helfern auch einen gewissen Vorlauf für die notwendigen Vorbereitungen.

Die Folge: Es hagelt Absagen von ländlicheren Turnieren. Was derzeit entsteht, wird wohl nicht mehr ganz aufzuhalten sein. Die großen, kommerziellen Turnierzentren haben nun einen Markt für sich erkannt, durch Infrastrukturabgaben, erhöhte Nenn- und minimierte Preisgelder und Einsparungen bei Turniertierärzten und -hufschmieden, Schleifen und Ehrenpreisen, die nicht benötigt werden, hat sich das Organisieren von Turnieren in der Corona-Zeit doch als lukrativ erwiesen.

Aber ist es das, was wir möchten? Ist das unser Sport?

Letztendlich muss man doch sagen, viele der Berufsreiter leben eben doch von ambitionierten Amateuren. Amateuren, die Pferde kaufen, Unterricht und Beritt in Anspruch nehmen, ihre Pferde von Berufsreitern ausbilden und auf Turnieren vorstellen lassen, trainieren fahren um eben auf dem ein oder anderen Turnier auch einmal selbst an den Start zu gehen. Nur die wenigsten Berufsreiter leben eben selbst von ihrem Sport an sich, der dann zumeist von Sponsoren ermöglicht wird.

Natürlich, an Bund- und Länderverordnungen können wir alle nicht rütteln. Da können wir nur darauf hoffen, dass sich unsere Dachverbände an geeigneter Stelle in der Politik stark machen- und diese Bemühungen hoffentlich von Erfolg gekrönt sind.

Doch wir müssen schauen, dass wir, vor allem in der „Zeit danach“ den Sport so wiederbeleben, wie wir es uns wünschen. Vereine müssen unterstützt werden, auch bei der Suche nach Sponsoren, die die Preisgelder und eventuell Ehrenpreise der einzelnen Prüfungen übernehmen. Auch in Zeiten der Pandemie sind doch Siegerehrungen wie auf dem Bundeschampionat denkbar. Jeder Reiter kann seine Schleife vor dem Einreiten selbst anstecken, zur Platzierung werden die Namen verlesen und es darf eine Ehrenrunde stattfinden. Dabei kommen keine Kontakte zustande, die gefährlich werden könnten.

Und… die Amateure können über einen ganz wichtigen Punkt gestärkt werden: Die Möglichkeit der Ausschreibung von geschlossenen Prüfungen wurde in der vergangenen Zeit oftmals etwas aberwitzig angewandt. Dass eine Stilspringprüfung der Klasse A* als geschlossen ausgeschrieben wird, um die Mindestanzahl der geschlossenen Prüfungen in der Ausschreibung zu erfüllen, ist letztendlich sinnlos. Die wenigsten Berufsreiter werden allein schon aufgrund ihrer Leistungsklasse die Möglichkeit haben, in dieser Prüfung an den Start zu gehen.

Aber in den Klassen L, M und S ist genau dies jetzt die Chance, den Amateuren in den kommenden Monaten eine faire Wettbewerbsmöglichkeit zu geben. Während die Amateure die vollständigen letzten 6 Monate keinerlei Prüfungsroutine und -erfahrung sammeln konnten, gab es auf Berufsreiterebene wöchentlich Turnierangebote.

Denkbar wären doch auch reine Amateurturniere mit ausschließlich geschlossenen Prüfungen. Eins ist garantiert- an diesen Turniertagen verkaufen sich Kaffee und Kuchen, Bier und Bratwurst in jedem Fall gut. Bitte liebe (ländliche) Reitvereine- haltet an euren Traditionsturnieren fest !

Bei all dem Frust, die die lange Durststrecke der Pandemie nun schon mit sich bringt, sind wir nun alle dazu aufgerufen, im Sinne des Sports nach sinnvollen, fairen Lösungen zu suchen, die uns wieder das ermöglichen, was wir alle gerne machen: die Ausübung unseres geliebten Reitsports im sportlichen, fairen Wettbewerb.

Danke an alle, die sich daran beteiligen und alles geben, um den Amateursport wiederzubeleben !

Wiebke Feuser

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